Physio Deutschland widerlegt die Kernaussagen des Barmer Heilmittelreports 2024
Zweifelhafte Zahlen und falsche Annahmen sind zum wiederholten Mal die Argumentationsbasis für den diesjährigen Heilmittelreport der Barmer Krankenkasse. Physio Deutschland stellt klar und fordert die Barmer Krankenkasse auf, diesen unseriösen Weg nicht weiter zu verfolgen und den Schwerpunkt auf eine Verbesserung der Versorgung zu legen.
Bereits der Heilmittelreport 2022 hat Sachverhalte bezüglich Praxisgründungen und Weitergabe von Gebührenerhöhungen völlig verzerrt dargestellt. 2024 setzt die Barmer diesen Weg fort, obwohl Physio Deutschland als Mitgliedverband im Spitzenverband der Heilmittelverbände (SHV) mit einer gemeinsamen Stellungnahme damals schon für Klarheit gesorgt hatte.
"Die Barmer setzt hier einen unseriösen Weg fort, der tausende von Praxisinhaber*innen ungerechtfertigt in Verruf bringen soll. Wir widersprechen den Annahmen der Barmer und zeigen auf, wie die Situation in den Praxen tatsächlich ist“, betont Markus Norys, stellvertretender Vorsitzender von Physio Deutschland.
Annahmen entsprechen nicht der Realität in den Praxen
Die Presse hat in der vergangenen Woche die Behauptung der Barmer Krankenkassen aufgegriffen, dass Praxisinhaber*innen Gebührenerhöhungen der Gesetzlichen Krankenkasse in den letzten Jahren nicht in ausreichendem Maß an die Angestellten in den Praxen weitergegeben hätte. Grundlage der Argumentation sind Zahlen aus dem Entgeltatlas der Bundesanstalt für Arbeit. Diese spiegeln allerdings nicht die tatsächliche Entwicklung in den Praxen wider.
Will man die Entwicklungen von den Jahren 2017 bis 2022 realitätsnah bewerten, sollte man die Zahlen der Berufsgenossenschaft für Gesundheit und Wohlfahrtspflege (BGW) zugrunde legen. Denn: Bei diesen vorliegenden offiziellen Zahlen der BGW werden sämtliche Gehaltszahlen der Beschäftigten in Physiotherapiepraxis berücksichtigt. Vergleicht man hier die Steigerung der Gehälter von 2017 bis 2022 gab es eine Steigerung um 43 Prozent, im Gegensatz der 29 Prozent, die im Heilmittelreport aufgeführt sind.
Des Weiteren geht die Krankenkasse bei ihrer Berechnung davon aus, dass eine Praxis ausschließlich Einnahmen aus der Gesetzlichen Krankenkasse hat. Die Steigerung der Gebührenerhöhungen im Bereich der Gesetzlichen Krankenkasse zwischen 2017 und 2022 lägen bei 57,8 Prozent. Geht man davon aus, dass eine Praxis durchschnittlich nur 70 Prozent der Einnahme durch die Versorgung von gesetzlich Versicherten generiert, liegt der Prozentsatz der Einnahmenerhöhung aber nur bei 40,5 Prozent. Genaugenommen sind also die Gehälter der Angestellten mit 43 Prozent Steigerung in sechs Jahren stärker gestiegen als die Einnahmen durch die Gesetzliche Krankenversicherung.
"Als Physio Deutschland geben wir der Barmer in einem Punkt recht: Ziel ist es, die rund 160.000 Beschäftigten in der ambulanten Physiotherapie in gleichem Maße entlohnen zu können wie es im klinischen Bereich erfolgt. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die nächsten Verhandlungen mit den Krankenkassen weitere Anpassungen bringen“, untermauert Markus Norys die Notwendigkeit weiterer Gebührenerhöhungen in der Physiotherapie.
Fachliche Aspekte im Report
Im fachlichen Teil des Heilmittelreports 2024 beleuchtet die Barmer zum einen das Verordnungsverhalten von Kompressionstherapie im Zusammenhang mit Lymphdrainage und zum anderen die Maßnahmen bei chronischen Rückenschmerzen. „Beide Bereiche sind wichtig in der Versorgung der Patientinnen und Patienten. Genau aus diesem Grund muss die Betrachtung tiefer gehen, als die Annahmen im Heilmittelreport“, erklärt Markus Norys.
Im Einzelnen: Der Heilmittelreport 2024 stellt bei der Lymphdrainage fest, dass bei kürzerem Behandlungsbedarf 50 Prozent der Verordnungen ohne Kompression verordnet werden, bei langfristigem Behandlungsbedarf 40 Prozent ohne Kompression. Bei dieser Darstellung bleibt allerdings völlig außer Acht, ob und in welcher Zahl gerade Patient*innen mit chronischem Krankheitsverlauf statt einer Kompression mit einem angepassten Kompressionsstrumpf versorgt sind. Da Kompressionsstrümpfe Hilfsmittel sind, bildet der Report die Verordnung dieser therapieunterstützenden Maßnahmen nicht ab.
Bei der Betrachtung der Versorgung bei chronischen Rückenschmerzen stellt der Report Krankengymnastik (KG) als Heilmittel der Wahl dar. Die Anwendung von Manueller Therapie (MT) wird als Fehlversorgung dargestellt. "Die Leistungsbeschreibung von Manueller Therapie sieht klar eine aktive Therapie und auch Trainingstherapie vor. Deshalb ist sie neben Krankengymnastik am Gerät im Gegensatz zur Aussage im Report sehr empfehlenswert, um den Teufelskreis des chronischen Rückenschmerzes durch gezielte Maßnahmen in Verbindung mit Training zu unterbrechen", betont Markus Norys.
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